50dJP: ÖPNV
In Deutschland würde ich dieses Thema wahrscheinlich nie, und wenn, dann nicht lobend, erwähnen: der öffentliche Personennahverkehr. In Deutschland kommt kein Bahn-Erfahrener auf die Idee eine Route zu planen und bei einer Umsteigezeit von unter fünf Minuten nicht auch noch den nächsten Anschlusszug herauszusuchen, weil die Erfahrung eben lehrt, dass Züge der Deutschen Bahn gerne mal mitten auf freier Strecke anhalten mit der Begründung: „Der vor uns befindliche Streckenabschnitt ist noch durch einen anderen Zug belegt.“
In Japan hingegen ist das so wie ich mir das für Deutschland wünschen würde. Zum einen ist die Fahrkartenbeschaffung einfach: Pasmo-Karte holen, Geld aufladen und beim Betreten des Bahnhofs einchecken und beim Verlassen eines anderen Bahnhofs auschecken. Das geht aufgrund ausgefeilter kontaktloser Technologie echt schnell – in Portugal kam mir das ächzend langsam vor. Besonderes Plus: die Pasmo-Karte wird ohne irgendwelche zusätzliche Daten gekauft, was das Datenschützerherz höher schlagen lässt. Und nicht nur, dass man mit der Karte herumfahren kann, viele der an buchstäblich jeder zweiten Ecke stehenden Getränke/Snack-Automaten akzeptieren ebenfalls Pasmo.
Die Abfahrts- und Ankunftszeiten in Japan werden streng eingehalten. In Deutschland sind das ja eher so Richtlinien, aber ich habe es oft genug geschafft einen Anschlusszug zu bekommen, obwohl die Umsteigezeit nur zwei Minuten betrug. An die hohe Zuverlässigkeit des japanischen ÖPNV habe ich mich sehr schnell gewöhnt, umso größer war die Enttäuschung, als ich in Deutschland dann wieder mit der DB fahren musste.
Erfahrungen wie die eingangs beschriebene haben auch die Japaner in Deutschland machen dürfen, die zu uns an den Lehrstuhl gekommen waren. Und da in Deutschland auch nur Deutsch gesprochen wird, ist das für Ausländer ohne Sprachkenntnisse enorm schwierig eine Fahrt mit der Deutschen Bahn zu unternehmen. Da werden Gleise gewechselt, Zugteile abgekoppelt, die dann woanders hinfahren oder Züge mit ganz anderen Bezeichnungen im Plan bezeichnet als an den Zügen selbst dran steht.
Neben der Zuverlässigkeit ist mir aber auch aufgefallen wie ruhig es in japanischen U-Bahnen ist. Während es in Berlin ja (leider) vorkommt, dass irgendwelche Bands meinen für eine Station mitfahren und die Leute ungewollt mit ihrer Musik zuspammen zu müssen (und dann dafür auch noch Geld haben wollen(!) und noch viel schlimmer auch bekommen(!!!)), ist in japanischen U-Bahnen selbst das Telefonieren verboten. Und es halten sich erstaunlich viele Menschen daran. Auch Störenfriede, die ihre Kopfhörer auf volle Lautstärke aufdrehen und damit dann das restliche Abteil beschallen, sucht man hier vergebens. Ebenso scheinen die Gleise in gutem Zustand zu sein. Über die Maßen laute Streckenabschnitte habe ich in und um Tokio nicht erlebt.
Noch dazu sehen die Züge sehr sauber aus. Als ich am 10. Februar 2014 wieder in Deutschland angekommen bin und dann mit der S-Bahn gefahren bin, ist mir dabei direkt aufgefallen, dass es im Zug unheimlich dreckig ist und im Bahnhof stinkt.
Aber auch der gemeine Japaner bzw. eher die gemeine Japanerin hat mit ganz eigenen Problemen im ÖPNV zu kämpfen. So gibt es in vielen Zügen gesonderte Abteile, die während der Stoßzeiten nur von Frauen benutzt werden dürfen. Der Grund dafür sind Leute, die mit Kameras versuchen Bilder von unter den Röcken der Frauen zu schießen (Fachbegriff: upskirt). Entsprechende Warnhinweise gibt es auch an Rolltreppen in japanischen Bahnhöfen.
Ebenfalls besser als in Deutschland sind die Ansagen im Zug: der Name des nächsten Bahnhofs wird immer doppelt angesagt, die Ansage danach nochmal auf Englisch wiederholt (was ich aber mit der Zeit nicht mehr gebraucht habe ^^). Ich wollte mir das dann nochmal zuhause anhören und habe das daher bei YouTube gesucht… und bin sogar tatsächlich fündig geworden!
Das sind alle Ansagen des „Limited Express“ von Shibuya nach Motomachi-Chukagai. Und das Video hat über 28.000 Views… Dazu fällt mir nur ein, dass einer der Japaner dort mal meinte: „In Japan, there are many train lovers.“ Und dazu kann ich nur sagen: „Hai!“