Kreuvfs Allerweltsblog

2009-02-28

Pfründe wahren

Abgelegt unter In eigener Sache,Software,Technologie von Kreuvf um 13:26:15

Oder: Wie microsoft-nahe Unternehmen Einfluss auf die OSS-Strategie der EU nehmen
Oder: Warum ich diesem verlogenen Haufen nie wieder auch nur einen einzigen Cent in den Rachen werfen werde

Über Fefe habe ich ein interessantes Dokument auf Wikileaks entdeckt. Ebenfalls verlinkt wird ein Artikel im Linux Journal dazu. In den Kommentaren dazu findet sich ein hervorragender Artikel auf Boycott Novell.

Ich will mich dazu aber ebenfalls äußern, da ich mehr als einmal schon meine tiefe Abneigung1 gegenüber Microsoft erklären musste. Und es mich mittlerweile stört “Offensichtliches” wieder und wieder erklären zu müssen.

Ich werde dies so handhaben, dass ich bestimmte Ausschnitte zitiere (ohne der im Original vorhandenen Farbe), diese dann kurz auf Deutsch zusammenfasse und dazu dann einen Kommentar abgebe. Ähnlich habe ich dies ja auch schon beim Artikel “Ekel”-Essen gehandhabt2. Da die ersten paar Seiten bereits ausführlich durch die beiden weiter oben genannten Artikel bearbeitet wurden, will ich mich anderen Teilen widmen.

Issues

One could argue that on the other hand, service providers capitalise on their own skills to offer packaged solutions as well as granular services at every level of the software stack. Software communities develop the software and provide support at a community level on a usually often pro-bono basis. Open Source Software usually comes free of charge if one considers the code itself; where the generation of revenue takes place is at the scaling or deployment points of the market. Proprietary vendors charge their users twice, once at the deployment phase (through support contracts), and once at the procurement phase (through licensing fees). [COMMENT: PAPER SHOULD FOCUS ON OSS AND NOT DWELL INTO UNSUPPORTED AND UNNECESSARY STATEMENTS AGAINST PROPRIETARY SOFTWARE.] Could therefore the lack of market confidence be more a matter of perception than an ontological problem related to Open Source ?

Im Gegensatz zu Open-Source-Software muss man für proprietäre Software doppelt bezahlen: Für die Anschaffung und für die Einrichtung der Software. Open-Source-Software benötigt in aller Regel nur Zahlungen für die Einrichtung durch entsprechende Supportverträge. Der Kommentar der microsoft-nahen Schreiberlinge ist entlarvend: Das Dokument solle sich doch auf OSS beziehen und nicht ungestützte und unnötige Aussagen gegen proprietäre Software treffen.

Es zeugt von immenser Bösartigkeit die Wahrheit derart verdrehen zu wollen. Dass man für proprietäre Software mehrmals blecht, ist so klar, dass wohl niemand auf die Idee kommen würde für diese Tatsache nach Quellen zu suchen. Diese Fakten als “ungestützt und unnötig” brandmarken zu wollen, zeigt offen auf, dass es den MS-Schreiberlingen nicht um eine korrekte Darstellung in diesem Strategiepapier geht, sondern ausschließlich darum die Wahrheit möglichst gut zu verstecken.

European IT companies also have fewer alternative growth strategies than their US counterparts due to smaller/more risk adverse venture capital community and fewer IPO opportunities.

In den USA gibt es mehr alternative Wachstumsstrategien als in Europa und auch Risikokapital ist in größerem Ausmaße vorhanden.

Und kurz vorher wird noch davon gesprochen, dass es diplomatischer ist, wenn man bloß nichts bringt, was irgendwie anti-amerikanisch verstanden werden könnte. Aber etwas, das anti-europäisch verstanden werden könnte, ist selbstverständlich vollkommen in Ordnung! Eindeutiger Fall von Doppelmoral.

Trends

Microsoft versucht ja seit einigen Jahren so zu tun als könnte man Open-Source-Software und den proprietären Dreck3 nebenher verwenden als wäre es ein und dasselbe. An die Halloween-Dokumente wird man da sicherlich nicht gern erinnert, ich tue dies aber trotzdem. Ich frage mich daher sowieso seit jeher wie man nach Lesen dieser Dokumente noch der Auffassung sein kann, dass Microsoft etwas Gutes für die Open-Source-Gemeinschaft tun will. Microsoft ist ein Unternehmen mit monopolistischen Zügen, dessen Ziel es ist seine Macht zu erhalten und auszubauen, im Grunde das Ziel jeden kapitalistisch geführten Unternehmens4.

Das ist auch der Grund warum an jeder Ecke von einer Mischung aus proprietärer und offener Software geredet wird und auch entsprechend alles in diese microsoft-konforme Richtung gepresst wird. Auf der anderen Seite werden wo nur möglich eindeutige Stärken abgeschwächt:

Open Source Software represents a software model defined by a high level of user control over the software in combination with unprecedented often unequalled freedoms to study and innovate upon the software, allowing for rapid incremental innovation.

Open-Source-Software steht für ein Softwaremodell, das definiert ist durch einen hohen Grad an durch den Nutzer ausgeübte Kontrolle über die Software in Verbindung mit noch nie dagewesenen häufig unerreichten Freiheiten die Software zu untersuchen und zu verbessern, was schnelle inkrementelle Innovationen ermöglicht.

Es ist eindeutig wie hier versucht wird die Stärke schlechthin unter Wert zu verkaufen.

An anderer Stelle wird aus einer eindeutig nicht genau vorhersehbaren Zukunft für sämtliche auf Open-Source-Software basierende Geschäftsmodelle eine gute Zukunft für gemischte Modelle nach Microsoftart gemacht:

Only time will show which models will be most successful in Europe. The economic success of firms based on mixed model, however, suggests it is a promising model for the future.

Natürlich, ist ja auch der Microsoft’sche Weg, der muss einfach erfolgreich sein. Unter anderem durch Anpassung entsprechender Dokumente an die derzeitige Microsoft-Linie.

Weiter wird aus

Only time will show which models will be most successful in Europe. The economic success of firms based on mixed model, however, suggests it is a promising model for the future. Having evolved from it’s original academia origin to a viable option for research and development OSS has attracted more and more companies to fund and drive communities. This will definitely accelerate, primarily in the area of building eco systems, we see this today in initiatives as e.g. Android. Companies will allocate more of their research and development spending in open source communities as return on investment will increase dramatically.

Having evolved from it’s original academia origin to a viable option for research and development OSS has attracted more and more companies to fund and drive communities. This will accelerate, primarily in the area of building eco systems, as we see in initiatives as e.g. Android. If existing projects demonstrate real returns on investment, companies will allocate more of their research and development spending in open source.

Aus einer definitiv beschleunigten Entwicklung wird nur eine beschleunigte Entwicklung. Aus der Feststellung, dass mehr Geld in Open-Source-Gemeinschaften fließt, da der Return-on-investment dramatisch ansteigt, wird ein Bedingungssatz: (Nur) Wenn existierende Projekte mehr Return-of-investment bringen, steigen Investitionen in Open-Source-Gemeinschaften.

Der Kern der Aussage bleibt erhalten, wird aber wieder so weit abgschwächt, dass man als Entscheider daraus nicht mehr viel ableiten kann.

Barriers

Folgender Absatz wurde bereits herausgestrichen:

Open Source will never be THE solution which will modify the whole economy and the IT world. Open Source is not magic. The solution will come from an intelligent cohabitation and mix of proprietary and open source components.

Open Source wird niemals DIE Lösung sein, die die gesamte Wirtschaft und die IT-Welt verändert. Open Source ist keine Zauberei. Die Lösung wird aus einem intelligenten Zusammenwohnen und einer Mischung aus proprietären und quelloffenen Komponenten kommen.

Ebenfalls sehr entlarvend wie bei sämtlichen pro-Open-Source-Absätzen darauf geachtet Verallgemeinerungen möglichst abzuschwächen, bei eher anti-Open-Source-Absätzen aber eine sehr deutliche Sprache gesprochen wird.

Ein weiterer Vorher-Nachher-Effekt, in dem genau das gemacht wird, was ich im vorhergehenden Absatz anprangere:

Here is a need to encourage greater use of OSS software in high education and support OSS curricula definition to prepare students to support OSS engineering growth in IT industry and research.

As part of their curricula, students should become familiar with OSS to prepare students to support OSS engineering growth in IT industry and research.

Aus dem Bedürfnis die Nutzung von Open-Source-Software in der Hochschulausbildung zu fördern wird ein “sollten mit Open-Source-Software vertraut gemacht werden”. Beides mit dem Ziel die Entwicklung freier Software in der IT-Industrie zu fördern. Nur frage ich mich wie ein Entscheider wohl entscheidet, wenn er mit einem “sollte” konfrontiert wird statt mit einem Bedürfnis.

Weiter wird von Interoperabilitätsproblemen gesprochen, woraufhin lautstark gegen Äußerungen in diesem Dokument vorgegangen wird, da es nicht Aufgabe dieser Arbeitsgruppe wäre. Es wird ausgesagt, dass man durch Festlegung auf den ersten Wettbewerber als Softwarelieferant einen typischen Vendor-Lock-in erleidet, also aufgrund von Interoperabilitätsschwierigkeiten eine Migration so teuer wäre, dass man stattdessen lieber beim bisherigen Softwarelieferanten bleibt. Es ist gewollt, dass dazu noch ausgesagt wird, dass das ja im Endeffekt genau so schlimm ist wie Vorschriften, die einem Open-Source-Software oder eng definierte offene Standards vorschreiben. Auch das ist meiner Meinung nach sehr entlarvend, aber wie oben erwähnt für kapitalistisch agierende Unternehmen nachvollziehbar.

Ein kompletter Abschnitt über mit “geistigem Eigentum” verbundenen Problemen wird nach Ansicht der microsoft-nahen Schreiberlinge am besten komplett weggelassen, denn solche Probleme gäbe es nicht. Auf der anderen Seite gibt es da Ausgeburten, die über das Säen von Furcht, Unsicherheit und Zweifeln gezielt versuchen Open-Source-Software an allen Fronten zu diskreditieren. Dass dies auf lange Sicht keinen Erfolg zeigen wird, ist Microsoft bekannt. Siehe dazu die Halloween-Dokumente, in denen eindeutig festgestellt wird, dass Open-Source-Software nicht durch FUD-Taktiken beizukommen ist. Dennoch wird dies als kurzfristige Bremse wirken können.

Benefits

Aus “As demonstrated also in the UNCTAD Information Economy Report 2007-2008, OSS is an innovation enabler […]” wird “As demonstrated also in the UNCTAD Information Economy Report 2007-2008, OSS can be an innovation enabler […]”. Aus der eindeutigen Aussage, dass Open-Source-Software Innovationen ermöglicht wird die vage Aussage, dass Open-Source-Software Innovationen ermöglichen kann. Also wieder Wischiwaschi-Gelaber.

Im Weiteren wird dann so gut wie jede absolute Position durch “Einige finden…”, “Manche sagen…” oder Ähnlichem ersetzt. Das Ziel ist klar. Zusätzlich wird immer noch von irgendwelchen anderen erzählt, die natürlich die gegenteilige Meinung haben.

Anmerkungen

1 Ich halte mich hier sehr zurück.
2 Ja, ich weiß, sehr billige Methode alte Artikel zu verlinken, die nicht mal was mit dem eigentlichen Thema zu tun haben.
3 Muss auch mal sein. Ich weiß, dass Microsoft einige nützliche Dinge auf den Weg gebracht hat und erkenne dies auch an. Das täuscht mich aber nicht über etwaige Missstände hinweg.
4 Dies ist absolut wertungsfrei zu verstehen.

Quellen

Wikileaks – European Commission OSS Strategy Draft, Mar 2009
Wikipedia – Microsoft Halloween documents leak

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2009-02-18

Krebs macht arbeitslos

Abgelegt unter Schulmedizin von Kreuvf um 11:54:49

Wer hätte das gedacht? Eine Analyse vorhergehender Studien zeigt, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen Krebsüberlebenden und Arbeitslosigkeit. Captain Obvious schlägt also mal wieder zu.

Wer könnte auch auf die Idee kommen, dass bei teils miserablen 5-Jahres-Überlebensraten, den Belastungen durch Bestrahlung, Operationen und/oder Chemotherapie der “Überlebende” nicht viel mehr als ein menschliches Wrack ist? Ist ja auch nicht so, dass eine Chemo Langzeitnebenwirkungen zeigt wie etwa 5-Fluoruracil.

Jedenfalls wurde dann auch noch untersucht bei welchen Krebsarten der Effekt besonders stark auftritt und wie stark dieser Effekt ist. Und ich muss sagen, dass die Ergebnisse auf den ersten Blick merkwürdig angegeben sind:

The researchers found that overall, cancer survivors were 1.37 times more likely to be unemployed than healthy control participants (33.8 percent vs. 15.2 percent). Additional analysis by diagnosis showed an increased risk of unemployment for survivors of breast cancer (35.6 percent vs. 31.7 percent), gastrointestinal cancers (48.8 percent vs. 33.4 percent), and cancers of the female reproductive organs (49.1 percent vs. 38.3 percent). Higher risks of unemployment compared with healthy control participants were not shown among survivors of blood cancer, prostate cancer and testicular cancer.

Hervorhebungen von mir.

Falls mir die Zahlen jemand erklären kann, nur zu, bin gespannt. Ausgehend von den Prozentangaben würde ich ja eine Steigerung der Wahrscheinlichkeit arbeitslos zu werden um 122% angeben, wohingegen ich keinen dramatischen Anstieg beim Brustkrebs sehe. Ich gehe aber einfach mal davon aus, dass da nur irgendwas mit den Zahlen nicht stimmt oder ich nicht raffe wie man auf die 1,37 kommt ;)

Weiter im Text: Es wird nach Gründen für die höhere Arbeitslosigkeit gesucht. Und total überraschend findet man, dass wohl eine höhere Behinderungsrate dahintersteckt.

Ebenfalls interessant: Wahrscheinlich gebe es Langzeiteffekte von Krebs, die sich auf die Arbeitskraft und -kapazität und auf Lohnausfälle großer Gruppen Überlebender auswirkten. Um es mit Fefes Worten zu sagen: UN-FASS-BAR!

Quelle: Persons who survive cancer more likely to be unemployed

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2009-02-16

Verwechslungsgefahr: Tellermine

Abgelegt unter Humor von Kreuvf um 12:17:55

Verwechslungsgefahr Tellermine und Tellermiene

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2009-01-08

Hacker-Manifesto wird 23

Abgelegt unter In eigener Sache von Kreuvf um 17:18:29

Wie auch schon im letzten Jahr und im vorletzten Jahr feiert das Hackermanifest auch in diesem Jahr wieder am 8. Januar Geburtstag.

The Hacker Manifesto

by
+++The Mentor+++
Written January 8, 1986

Another one got caught today, it’s all over the papers. “Teenager Arrested in Computer Crime Scandal”, “Hacker Arrested after Bank Tampering”…

Damn kids. They’re all alike.

But did you, in your three-piece psychology and 1950’s technobrain, ever take a look behind the eyes of the hacker? Did you ever wonder what made him tick, what forces shaped him, what may have molded him?

I am a hacker, enter my world…

Mine is a world that begins with school… I’m smarter than most of the other kids, this crap they teach us bores me…

Damn underachiever. They’re all alike.

I’m in junior high or high school. I’ve listened to teachers explain for the fifteenth time how to reduce a fraction. I understand it. “No, Ms. Smith, I didn’t show my work. I did it in my head…”

Damn kid. Probably copied it. They’re all alike.

I made a discovery today. I found a computer. Wait a second, this is cool. It does what I want it to. If it makes a mistake, it’s because I screwed it up. Not because it doesn’t like me… Or feels threatened by me.. Or thinks I’m a smart ass.. Or doesn’t like teaching and shouldn’t be here…

Damn kid. All he does is play games. They’re all alike.

And then it happened… a door opened to a world… rushing through the phone line like heroin through an addict’s veins, an electronic pulse is sent out, a refuge from the day-to-day incompetencies is sought… a board is found. “This is it… this is where I belong…” I know everyone here… even if I’ve never met them, never talked to them, may never hear from them again… I know you all…

Damn kid. Tying up the phone line again. They’re all alike…

You bet your ass we’re all alike… we’ve been spoon-fed baby food at school when we hungered for steak… the bits of meat that you did let slip through were pre-chewed and tasteless. We’ve been dominated by sadists, or ignored by the apathetic. The few that had something to teach found us willing pupils, but those few are like drops of water in the desert.

This is our world now… the world of the electron and the switch, the beauty of the baud. We make use of a service already existing without paying for what could be dirt-cheap if it wasn’t run by profiteering gluttons, and you call us criminals. We explore… and you call us criminals. We seek after knowledge… and you call us criminals. We exist without skin color, without nationality, without religious bias… and you call us criminals. You build atomic bombs, you wage wars, you murder, cheat, and lie to us and try to make us believe it’s for our own good, yet we’re the criminals.

Yes, I am a criminal. My crime is that of curiosity. My crime is that of judging people by what they say and think, not what they look like. My crime is that of outsmarting you, something that you will never forgive me for.

I am a hacker, and this is my manifesto. You may stop this individual, but you can’t stop us all… after all, we’re all alike.

Quellen

Spiegelung des Hacker Manifesto
Wikipedia zum Hacker-Manifest

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