DB-Pseudogutschein: Mitfahrerfreifahrt
Die DB hat mir mal wieder einen Gutschein geschickt. Nach dem Ärger, den ich bisher schon mit 10-Euro-Gutscheinen der Bahn hatte, bin ich ja sowieso sehr skeptisch, wenn mir Bettina Marchl, die „Leiterin Kundenbindung“, wieder einen ihrer tollen Gutscheine in den Briefkasten spamt.
Diese Woche kam dann ein „Mitfahrer-Gutschein“ für eine einfache, innerdeutsche Fahrt. So weit, so gut. Doch leider kann ich mich nicht mehr über Gutscheine der Deutschen Bahn freuen, weil ich immer erst überlegen muss, was denn jetzt wieder der Haken an der Sache ist. Dass das natürlich mit einem Sternchen versehen ist, das Umtausch, Erstattung und Auszahlung ausschließt etc. pp., ist auch in Ordnung. Nur, was steht denn in den „wichtige[n] Hinweise[n] zur Nutzung des Gutscheins“ auf der Rückseite?
Zur Dokumentation erst mal das Vollzitat:
Dieser Gutschein
- gilt nicht als Fahrkarte. Bitte lösen Sie diesen Gutschein vor Fahrtantritt in den DB Reisezentren oder den DB Agenturen gegen eine Fahrkarte ein. Kein Einlösen im Zug möglich.
- ist einlösbar bis 20.12.2012.
- ist gültig für Reisen bis 20.12.2012, außer freitags.
- gilt persönlich und ist nicht übertragbar.
- ist einmalig gültig und berechtigt die Begleitperson des eingetragenen BahnCard-Inhabers zu einer kostenfreien Fahrt in der Wagenklasse des BahnCard-Inhabers und ist gebunden an den Geltungstag und den Zielort seiner BahnCard-rabattierten Fahrkarte.
- ist nur in Verbindung mit der innerdeutschen Fahrkarte des BahnCard-Inhabers gültig, bei der eine Teilstrecke in Zügen der Produktklassen ICE, IC/EC zurückgelegt wird. Pro Fahrkarte kann nur ein Gutschein eingelöst werden.
- beinhaltet die City-Ticket-Funktion für die Begleitperson.
- gilt gegen Zahlung eines Aufpreises auch im ICE Sprinter und City Night Line.
- ist nicht kombinierbar mit anderen Aktionen.
Es gelten die Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn AG.
Nähere Informationen dazu finden Sie unter www.bahn.de.
Packt man die eigene Gier beiseite, kann man außer Acht lassen, dass es sich nur um eine einfache Fahrt handelt. Wenn ich mir aber „gemeinsam die schönsten Orte Deutschlands“ anschauen können will, muss mein Mitfahrer auf jeden Fall noch die Rückfahrt bezahlen. Da der Gutschein nur etwas mehr als einen Monat gültig ist, sind je nach Verbindung die stark rabattierten Sonderkontingente der Bahn also schon aufgebraucht. Das sind die teils sogar schon in der Nacht direkt nach Freischaltung der Buchung, drei Monate vor Fahrtantritt…
WTF #1: Nur in DB Reisezentren/Agenturen
Der Gutschein kann einzig bei der Bahn direkt eingelöst werden, das heißt weder am Automaten noch online kann der Gutschein eingelöst werden. Warum ist das so schlimm? Weil damit eine Bearbeitungsgebühr von 10 Euro einhergeht, die Freifahrt daher also schon mal 10 Euro mehr kostet als eine (viel bequemere) Bestellung über das Internet. Follow-up-Artikel beachten.
WTF #2: Außer freitags
Gerade freitags ist es sehr schwer an die entsprechenden Sonderkontingente zu kommen, eben weil es sich ja gerade anbietet zum Beispiel an einem Freitagnachmittag oder -abend zusammen loszufahren und gegen Abend/Nacht dann an- und im Hotel unterzukommen. Von daher ist die Ausnahme des Freitags schon ein starkes Stück und für einen vollmundig angekündigten Gutschein einfach nur eine Frechheit. Immerhin, in einem solchen Fall sollte es prinzipiell möglich sein nicht die Hinfahrt geschenkt zu bekommen, sondern die Rückfahrt, wobei man dann eben aufpassen muss, dass das Rückreisedatum nicht nach dem 20. Dezember 2012 liegt…
WTF #3: BahnCard-rabattierte Fahrkarte
Es gibt Sondertickets wie zum Beispiel das Bayern-Ticket, für das kein BahnCard-Rabatt gilt. Bei solchen Tickets ist es also nicht möglich einen freien Mitfahrer zu bekommen.
WTF #4: ICE, IC/EC sind Pflicht
Eine freie Mitfahrt gibt es nur dann, wenn der BahnCard-Inhaber auf seiner Strecke irgendwann mit einem ICE oder IC/EC fährt. Ansonsten, das heißt bei Fahrten in Regionalzügen, gibt es keine freie Mitfahrt. Zu diesem Punkt bitte den Follow-up-Artikel beachten.
WTF #5: Aufschlag für ICE Sprinter und City Night Line
Okay, okay. Nur, um sicherzugehen, dass ich das auch wirklich richtig verstehe: damit mein Mitfahrer mit mir kostenlos hin- oder zurückfahren kann, muss ich zwingend irgendeine Strecke im ICE, IC oder EC zurücklegen, aber wenn ich dann im ICE Sprinter oder City Night Line fahren will, soll der Mitfahrer für seine Freifahrt draufzahlen?
Zusammenfassung
Der Gutschein erlaubt einem Mitfahrer bis zum 20. Dezember 2012 auf einer innerdeutschen Fahrt, bei der mindestens eine Teilstrecke im ICE, IC oder EC, im ICE Sprinter oder City Night Line nur gegen Aufschlag, zurückgelegt wird mit mir kostenfrei auf einer BahnCard-rabattierten Fahrkarte mitzufahren.
Und in diesem Absatz stehen jetzt sicher nicht alle Bedingungen drin.
Juristische Laienbewertung
Für mich sieht das so aus als würde die Bahn einfach mal versuchen wie weit sie gehen kann, bis jemand versucht gegen solche „Gutscheine“ juristisch vorzugehen, zum Beispiel im Rahmen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, das im Anhang zum Absatz 3 des § 3 (Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen) unzulässige geschäftliche Handlungen definiert:
die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, der Verbraucher habe bereits einen Preis gewonnen oder werde ihn gewinnen oder werde durch eine bestimmte Handlung einen Preis gewinnen oder einen sonstigen Vorteil erlangen, wenn es einen solchen Preis oder Vorteil tatsächlich nicht gibt, oder wenn jedenfalls die Möglichkeit, einen Preis oder sonstigen Vorteil zu erlangen, von der Zahlung eines Geldbetrags oder der Übernahme von Kosten abhängig gemacht wird;
Quelle: dejure.org, Hervorhebung von mir.
Da ich juristischer Laie bin, kann ich das leider nicht bewerten. Aber die folgenden Dinge liegen auf der Hand:
- Der Gutschein erzwingt eine Einlösung im DB Reisezentrum oder in einer DB Agentur.
- Dort werden 10 Euro Bearbeitungsgebühr fällig bei der Bestellung eines Tickets.
- Der Mitfahrer löst den Gutschein gegen ein kostenloses Ticket ein, das ein Ticket des BahnCard-Fahrers voraussetzt.
Daraus ergibt sich, dass die Mitfahrer-Freifahrt zwingend voraussetzt, dass der BahnCard-Fahrer einen Geldbetrag zahlt. Im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb wird nicht ausgesagt, wer den Geldbetrag zahlen muss. Es ist also dem Wortlaut nach unerheblich, ob der Mitfahrer selbst einen Geldbetrag zahlen muss oder der BahnCard-Inhaber. Follow-up-Artikel beachten.
Hinzu kommt noch, dass für bestimmte Zugtypen ebenfalls Zuschläge gezahlt werden müssen. Wie verträgt sich das wohl mit einer angeblichen Freifahrt?
Fazit
Komischer Nachgeschmack? Schon, aber who cares, geht schließlich ausdrücklich nicht darum den Kunden etwas Gutes zu tun, sondern die Kunden an die Deutsche Bahn zu binden! Das ist nämlich, was im Wort „Kundenbindung“ steckt. Und was damit gemeint ist, ist: die Kunden sollen mehr Geld bei der Deutschen Bahn lassen.
In meinen Augen ist es offensichtlich, dass man als Kunde hier nur verarscht werden soll. Und das auch noch auf eine plumpe und unkreative Art und Weise.
Deutsche Bahn sucks.