Kreuvfs Allerweltsblog

2007-09-04

KgL – Teil 02: Distributionswahl

Abgelegt unter In eigener Sache,Software von Kreuvf um 19:31:14

Vor einiger Zeit habe ich den ersten Teil der Artikelserie Kreuvf goes Linux (KgL) veröffentlicht, in dem es hauptsächlich um meine Gründe für die Abkehr von Windows und die Hinwendung zu Linux ging.

Im zweiten Teil meiner Artikelreihe will ich einen für einen Anfänger wohl sicherlich schweren Schritt beschreiben: Die Wahl der "richtigen" Linuxdistribution.

Um es gleich vorweg zu sagen: Ich habe mich vorerst für Ubuntu entschieden, habe allerdings auch vor mich bei anderen Distributionen, vor allem Debian, umzuschauen.

Entscheidungskriterien

Ich habe mich im Vorfeld zu meinem Entschluss ein wenig mit Linux auseinandergesetzt und dabei auch solch geniale Features wie Live-Umgebungen kennengelernt – der wohl einfachste Weg sich mit Linux im Allgemeinen und einer bestimmten Distribution im Speziellen anzufreunden.

Die Live-Umgebung ist praktisch nichts weiter als ein von CD/DVD gestartetes Betriebssystem, das sich in sehr weiten Teilen genau so verhält wie eine Installation auf der Festplatte. So kann man sich langsam und sicher an ein neues Betriebssystem heranwagen ohne auch nur die geringsten Spuren davon auf der Festplatte zu haben. Man kann das System sogar komplett zerschießen und braucht dann nur einen Neustart, um wieder ein funktionstüchtiges Betriebssystem zu haben. Logischer Nachteil davon ist, dass nach einem Neustart alle gemachten Veränderungen am System ebenfalls gelöscht sind.

Man könnte annehmen, dass dieser Nachteil ein besonders schwerwiegender Nachteil ist, schließlich ist man als Windows-User ja auch schon an eine Art "Neustart-Spamming" gewöhnt getreu dem Motto "Ohne Neustart ändere ich nix!". Also liegt aus Gewohnheit die Vermutung nahe, dass dies unter Linux ähnlich läuft und man für jede kleine Änderung einen Rechnerneustart benötigt, womit eben auch die durchgeführte Änderung nicht mehr vorhanden wäre.

Dem ist natürlich nicht so, Linux ist wunderbar modular aufgebaut und sollte man mal einen "Neustart" benötigen, reicht es aus, wenn die entsprechende Komponente einzeln neugestartet wird. Das kann man sich am Beispiel eines Webservers wie Apache ein wenig anschaulicher klar machen. Ändert man die Konfiguration des Webservers, muss man nur den Webserver neustarten und das ist im Endeffekt nichts weiter als ein Programm, weshalb ein kompletter Rechnerneustart überflüssig ist. Dies gilt auch für den XServer, der die grafische Oberfläche zur Verfügung stellt.

Ich habe im Vorfeld auch einiges über Paketverwaltungen unter Linux gelesen, konnte allerdings als Laie nicht erkennen, ob DEB oder RPM besser für mich ist und mir ist im Endeffekt vorerst auch egal welches von beiden ich verwende, solange es problemlos funktioniert.

Und da wäre ich schon beim nächsten Punkt, dem "Einfach-Funktionieren". Mein Test unter Ubuntu hat erbracht, dass sich verschiedene in den sogenannten "Paketquellen" vorhandene Pakete so leicht installieren lassen, dass es damit niemals Probleme geben sollte. Übrigens erscheint mir das Wort "installieren" schon fast zu hoch gegriffen, es ist mehr ein "Zusammenklicken" von Programmen, die man gerne hätte.

Das Ganze wird dann via Internet auf den eigenen Computer überspielt und ist sofort – und wieder (im Normalfall) ohne Neustart – nutzbar, etwas, das mich sehr fasziniert hat. Sowas wäre unter Windows 98 (und wahrscheinlich auch Nachfolger davon) undenkbar, zumal ich Software erhalte, die für meine Zwecke ausreicht und daher durchaus mit kommerzieller Software konkurrieren kann. Zudem kann man z. B. die allerneuesten Features von Microsoft Office schon aus Kompatibilitätsgründen nicht nutzen, weil das Dokument sonst für ältere Versionen nicht mehr lesbar wäre, was natürlich auch dadurch verstärkt wird, dass Microsoft die älteren Betriebssysteme immer weniger berücksichtigt. So ist schon Office 2003 nicht mehr unter Win9x lauffähig (Quelle).

Aber zurück zu den Paketquellen: Ein Nachteil dieser Paketquellen ist, dass es immer etwas dauert bis die aktuellste Version einer Software auch in den Paketquellen vorhanden ist, was meiner Meinung nach aber im Austausch für den gewonnenen Komfort verkraftbar sein sollte. Und da es einem nicht die Möglichkeit nimmt sich die aktuellste Version anderweitig zu besorgen, sehe ich darin auch kein Problem.

Das, was die meisten potentiellen Linuxnutzer wohl davon abhält tatsächlich Linuxnutzer zu werden, ist sicherlich die häufig genannte Konsole. Zugegeben, heutzutage – und damit meine ich im Zeitalter der grafischen Benutzeroberfläche (inkl. der vielen zur Produktivität nichts beitragenden Effekte) – ist man als Benutzer sehr verwöhnt. Wann immer irgendwo auch nur die kleinste Berührung mit diesem Thema stattfindet, ist der Durchschnittsuser hoffnungslos überfordert. Als klassisches Beispiel unter Windows wäre da das Hinzufügen von Kommandozeilenparameter zu einer Verknüpfung mit einem Programm zu nennen. Was weiß der Durchschnittsuser aber auf jeden Fall von Linux? Richtig: “Ey, ist ja voll doof, weil ohne Konsole geht ja nix, Alter.”

Ich möchte nicht das Gegenteil behaupten, glaube aber, dass mit einer steigenden Linuxnutzerschaft auch die Zahl der Programme, die mit grafischer Oberfläche funktionieren, kräftig ansteigen wird. Und wenn man sich die Ankündigungen zum "bulletproof x" so ansieht, dürfte es in Zukunft sogar nicht mehr dazu kommen, dass man ohne grafische Benutzeroberfläche arbeiten muss. Aber so düster wie sich das anhört ist die Linuxwelt sowieso nicht. Der Durchschnittsuser, der seinen Rechner ausschließlich für Standardaufgaben – dazu zähle ich die Benutzung von Office-Programmen, den Versand und Empfang von E-Mails, das Surfen im Internet und das Betrachten verschiedener Multimediainhalte – einsetzt, braucht die Konsole mit der passenden Distribution wahrscheinlich gar nicht. Alles ist zusammenklickbar und seinen Mailklienten, den Browser oder die Office-Programme musste man auch unter Windows auf eigene Bedürfnisse zuschneiden, falls man mit dem Standard nicht zufrieden war (Anmerkung: Durchschnittsusers sind in der Regel damit zufrieden, wenn sie das Programm so bedienen können wie es ist, Veränderungen am Programm würden nur die Routiniertheit nehmen). Es kommt auf die eigenen Vorlieben an, es kommt darauf an, was man mit seinem Rechner tun möchte, daher empfiehlt es sich mehrere Distributionen zu verwenden, falls man nicht mit der erstbesten 100%ig zufrieden ist.

Qual der Wahl

Nun gibt es sehr viele Linuxdistributionen und ohne alle davon zu kennen (ich kenne bislang sowieso nur eine), bin ich mir sicher, dass ein Großteil dieser Linuxdistributionen viele oder sogar alle der oben genannten Entscheidungskriterien erfüllt, weshalb sich die nächste Frage stellt:

Warum Ubuntu?

Die Antwort ist simpel und vielleicht auch ein wenig enttäuschend: Weil es die medienpräsenteste Linuxdistribution ist (sozusagen sowas wie eine "Mainstream-Distribution") und lt. eigener Aussage sehr viel Wert auf eine möglichst hohe Anfängerfreundlichkeit gelegt wird.

Ich habe auf Anhieb eine große und überaus freundliche deutsche Community gefunden und im englischsprachigen Raum gibt es ebenfalls sehr viele Seiten, die sich mit vielen Fragestellungen rund um Ubuntu beschäftigen. Jedes Problem, das ich bislang mit Ubuntu hatte, konnte ich lösen – und das als Linux-Newbie!

Ich will an dieser Stelle deutlich machen, dass ich niemanden irgendeine Distribution empfehlen möchte. Dies ist eine Entscheidung, die jeder für sich treffen muss. Und es ist auch sicher ratsam mehr als nur eine Distribution auszuprobieren, bevor man sich für eine Installation entscheidet, aber ich bin nunmal mit Ubuntu so zufrieden, dass ich bisher nicht wüsste, was noch besser werden könnte.

Vorschau auf KgL – Teil 03

Im nächsten Teil von Kreuvf goes Linux werde ich auf mein System (Hardware) eingehen und versuchen aus dem riesigen Software-Pool passende Alternativen zu Windows-only-Programmen wie mIRC und Winamp zu finden, mit denen sich die Windowsprogramme hinreichend gut ersetzen lassen.

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